Costa Rica

Von der Karibik bis zum Pazifik – der kleine Costa-Rica-Atlas


Teil 3: Alltagsleben


von PUKI


September 2016



Die folgenden Inhalte basieren auf Beobachtungen,

die ich während einer dreiwöchigen Costa-Rica-Reise Anfang 2015 gemacht habe.



Bank


Eine sehr große Umstellung ist der Besuch einer Bank. „Mal kurz zur Bank gehen“ funktioniert hier nicht – außer mit einem Kleinkind auf dem Arm, da wird man außerhalb der Warteschlange bedient. An allen Banken, in denen ich bisher drin war oder vorbei gegangen bin, stehen Wachposten, in der Regel zwei. Wenn man sich der Eingangstür nähert, öffnen sie einem von innen die Tür, jedoch nicht aus Höflichkeit, wie man gleich danach feststellt, sondern aus Sicherheitsgründen. Sobald man drin ist, wird man auf Waffen gescannt oder abgetastet. Manchmal kommt man gar nicht erst direkt ins Gebäude hinein, sondern muss warten, bis drinnen genug Platz ist. Wenn man drin ist, zieht man eine Nummer und gibt dabei an, ob man Geld tauschen, abheben oder sonst etwas erledigen will. Dann wartet man – manchmal eine ganze Stunde lang – bis man aufgerufen wird. An den Schalter darf man grundsätzlich nur einzeln hin; die Mitarbeiter weigern sich regelrecht Paare zu bedienen. Um Geld zu tauschen, muss man schließlich den Pass vorzeigen; anscheinend soll auf diese Weise Geldwäsche vermieden werden. Wenn man das Bankgebäude verlässt, wünscht man sich sofort wieder hinein, weil man erst draußen merkt, dass es innen klimatisiert war.


Briefmarken, Briefkästen und Postämter


…sind in Costa Rica sehr selten. Die Briefkästen sind dunkel blau und fallen nicht so sehr auf wie die oft in einem kräftigen Gelb oder Rot gehaltenen Briefkästen in Europa. Postämter habe ich wiederum nur in kleinen Seitengassen gesehen. In vielen Orten, auch den eindeutig touristischen, haben die Einheimischen etwas ratlos geguckt, bei der Frage, wo es eine Post gäbe oder wo man evtl. sonst noch Briefmarken bekommen könnte.


Gerüche


Mir ist bisher kein Costa Ricaner begegnet, der nach Schweiß oder sonstiger Unfrische gerochen hätte. Umgekehrt fiel mir aber auf, dass alle Dienstleister mit direktem Kontakt zu Touristen (und viele andere Menschen auch), parfümiert waren. Männer tragen v.a. schwere Düfte international bekannter Marken, Frauen verwenden blumige und fruchtige Noten.


Geschmäcker


Aus der Sicht des Europäers gehört zu den luxuriösesten Seiten des hiesigen Alltags die Möglichkeit der Zubereitung (und des Konsums) von Säfte aus frischen, tropischen Früchten. Papaya und Ananas werden mancherorts auch bei uns als Frischsaft angeboten, aber Melone (darunter auch Wassermelone) sind schon unüblicher. Einen Fruchtsaft aus frischer Maracuja habe ich in Europa bisher noch nicht getrunken, aber er wäre vorstellbar, weil Maracujas ja durchaus angeboten werden. Jedoch ein Saft aus frischen Tamarinden…? In gut sortierten Märkten werden auch bei uns Tamarinden angeboten, aber sie als Saft zuzubereiten…? Es ist ein erfrischender Genuss, diesen zu trinken. Optisch ist der Saft wegen seiner bräunlichen Farbe weniger attraktiv, aber der Geschmack ist umso interessanter: säuerlich, fruchtig, leicht süß. Er hat eine besondere Zwischennote, die vielleicht als ein klein wenig herb bezeichnet werden kann, doch zum Schluss bleibt nur das angenehm säuerliche Aroma. Ich finde, der Geschmack ähnelt ein wenig einer Cola mit sehr viel Zitrone, aber eben ohne die klebrige, schwere Süße. Der Saft ist sehr wässrig und schmeckt „leicht“.
Ähnlich erfrischend ist der Saft aus jungen Kokosnüssen (sie schmecken säuerlicher als die „alten“ Nüsse, die man auch bei uns kaufen kann, und die das authentische Kokosnussaroma voll ausgebildet haben) und Zitronen. Je nach Säuregehalt der Zitronen wird ein wenig Zucker beigemischt. Wird der Kokosnusssaft leicht angefroren, ist die Konsistenz halb flüssig, halb sorbetartig. Auch der Geschmack erinnert zunächst an ein (Zitronen-Champagner-)Sorbet, ist aber im Abgang nicht so süß wie die normalerweise stark gezuckerten, europäischen Sorbets – den Nachgeschmack bildet die leichte und leicht säuerliche Kokosnussnote. Sie ist aber ganz und gar nicht vergleichbar mit dem Kokosnussaroma europäischer „Pina Coladas“, die aus fettigen, sehr süßen Kokosnusscremes zubereitet werden. Der Saft der Kokosnuss fühlt sich auf dem Gaumen so leicht an, wie die Brise der karibischen See auf der Haut. Sie bilden ein perfektes Paar.


Gotteshäuser


Außerhalb großer Städte werden Kirchen als kleine, kastenförmige Holz- oder Betonbauten errichtet. Es ist auffällig, dass hier neben den beiden großen Gemeinden (Katholiken und Evangelisten) auch viele christliche Splittergemeinden ihre Gotteshäuser haben, so zum Beispiel die Methodisten, Baptisten, Adventisten usw. Oft befinden sie sich in einer Straße, alle nebeneinander – ich nenne sie die Kirchenstraße. Die Kirchen selbst sind, anders als bei uns, nur am späten Nachmittag zugänglich – man kann sie nicht einfach so besichtigen oder zum Beten hineingehen. Manchmal sind sie auch umzäunt und in der Regel werden die Türen mit einem dicken Metallschloss abgeschlossen.


Gummistiefel


Wer in die Tropen reist, kann von den Einheimischen lernen, dass Gummistiefel zur Grundausstattung eines costa-ricanischen Kleiderschrankes gehören. Frauen in Pumps sieht man genauso selten wie Männer in Anzügen (außer in Banken). Gummistiefel sieht man aber täglich, denn im Regenwald regnet es mehrmals pro Tag und da die meisten Wege aus einer mehr der weniger fest gestampften Erdschicht bestehen, werden sie schnell zu Matsch, in den man knöcheltief einsinkt. Wer einen Erkundungsgang durch den Regenwald plant, sollte also unbedingt an Gummistiefel denken.


Musik


Als ich die Natur Costa Ricas erfahren habe, habe ich verstanden, warum lateinamerikanische Musik so ist, wie sie ist. Die oft schwülstig-romantischen Rumbas, die schwer rhythmischen Sambas und die zackigen Cha-Chas, der Text, der von Liebe und Leidenschaft trieft, breit geschwungene Melodien – all das wird selbstverständlich, wenn man durchs Land fährt und die Natur auf sich wirken lässt. Sie ist so ausdrucksstark, intensiv, groß, vielfältig, überraschend und bunt, dass der Mensch mit seiner Kunst nur „durchkommt“, wenn er die Natur überbietet – und lateinamerikanische Musik erreicht dies eben mit einer für europäische Verhältnisse überschwänglichen Emotionalität und einem überintensiven Ausdruck. Nur so fällt Musik hier auf – und passt sich dabei ins Gesamtbild ein.


Regenschirm


Regenschirme sind in Costa Rica fast genauso unentbehrlich wie Gummistiefel. Regen setzt hier oft sehr unerwartet ein; die Luft bleibt warm, es regnet einfach nur. Man muss sich also nicht vor Kälte, sondern nur vor Regen schützen. Je nach Gebiet fallen die Regenfälle unterschiedlich stark aus. In der Karibik z.B. sind die Niederschläge sehr kräftig und dauern in meiner Erfahrung eine halbe bis zwei Stunden. Sie setzen abrupt ein und enden ähnlich abrupt. Man geht bspw. im Sonnenschein spazieren, setzt sich in ein Café und muss dort auf einmal den halben Vormittag verbringen, weil man keinen Regenschirm mitgebracht hat, dafür aber eine Camera, die nach fünf Schritten nass würde (man kann sie nicht so einfach in der Hosentasche verstecken, denn es regnet praktisch durch alles hindurch, zumindest durch alle natürlichen Fasern wie Baumwolle oder Leinen).
Im Zentralgebiet sind die Regen wiederum oft so fein, dass sie zwar wie Regen aussehen (z.B. wenn man durchs Fenster schaut), aber wenn man (mit dem Regenschirm ausgerüstet) hinausgeht, merkt man, dass der Niederschlag dampfähnliche Konsistenz hat: kaum wahrnehmbar und angenehm auf der Haut. Der Erdboden wird davon aber auch sehr schnell aufgeweicht, sodass auch hier Gummistiefel nicht verkehrt sind. 


Straßenbauarbeiter


Die meisten Männer, die am Bau arbeiten – Frauen habe ich nicht gesehen – sind im Gesicht komplett vermummt. Nur die Augenpartie wird nicht von einem Tuch umhüllt; dafür von einer schwarzen Sonnenbrille verborgen. Das hängt wohl damit zusammen, dass viele Straßen, an denen gebaut wird, aus Sand bestehen, der von den vorbeifahrenden Autos hochgewirbelt wird. Der Gesichtsschutz ist wohl eine Art Feinstaubschutz. 


Stromnetz


Die Überlandleitungen im ländlichen Bereich, besonders am Pazifik, sind für europäische Augen aufsehenerregend: Die Stromkabel sind nicht fest an Masten angebunden und stramm geführt, sondern hängen girlandenartig lose durch (manchmal zusätzlich mit einem Faultier geschmückt). An den Holzpfosten, die etwa alle hundert Meter aufgestellt sind, sind sie festgewickelt… Manchmal kommen auf der einen Seite vier Kabel an und auf der anderen gehen nur drei ab – das eine Kabel hängt abgerissen in der Luft. Es ist daher oft nur eine Frage der Zeit, bis ein Transformtor zusammenbricht. Besonders spektakulär ist dies in der Nacht, denn dann bemerkt man den Stromausfall sehr deutlich, weil man auf einmal im wahrsten Sinne des Wortes im stockdunklen Raum sitzt, außerdem hört man das Brummen des Ausfalls deutlicher als zur Tageszeit und v.a. sieht man einen Lichtbogen am Himmel, der sich gegen die schwarze Nacht krass hervorhebt. Wer keine starken Nerven hat, wünscht sich augenblicklich ins heimische Europa zurück; wer etwas ausgeglichener ist, zückt die Taschenlampe, die nachts immer (v.a. wegen der vielen Giftschlangen) mitgeführt wird, schaltet sie ein und bleibt relaxt.


Tankstellendichte


Die europäische Tankstellendichte wird einem bewusst, wenn man zum nächsten Tanken regelmäßig eine Fahrt von dreißig bis vierzig Kilometern einplanen muss. Außerhalb großer Städte sind die Tankstellen in Costa Rica nicht dichter angesiedelt als eben die genannte Zahl. Wenn man mit dem Mietauto unterwegs ist und spontan einen Ausflug machen möchte, kann einem ein halb voller Tank schon mal in die Quere kommen, zumal die Qualität der Straßen oft nur Geschwindigkeit von 20 km/h zulässt – und das natürlich nur mit Geländewagen und Vierradantrieb.


Tiere (herrenlos)


Katzen sieht man hier vergleichsweise sehr wenige, dafür eine Menge herumstreunender Hunde. Sie sind so an Touristen gewöhnt, dass sie brav hinter ihnen herlaufen, dabei nicht zu nahe kommen und auch nicht bellen, sondern einfach nur auf etwas zu essen warten. Sitzt man in einer Bar mit „Bierbänken“ im Außenbereich, kommen sie an den Tisch heran, setzen sich lieb hin und schauen einen ganz süß an. Wenn man ihnen etwas zu essen gibt, futtern sie es sofort weg. Sogar frische Kokosnüsse scheinen ihnen zu schmecken. Manche laufen paarweise umher – wie alte Kumpels oder Pärchen. Sie sind ziemlich dreckig, ihr Fell ist stellenweise kahl. Aber ganz so ausgehungert sehen sie nicht aus und wedeln stets mit dem Schwanz. Vielleicht sind sie ja ganz glücklich?


Toiletten


Die Toiletten sind, anders als in Europa, bis zur Hälfte der Schüssel mit Wasser gefüllt. Sie erwecken den Eindruck, als würde das Wasser darin „stehen“. Beim Spülen wird das Abwasser oft nicht so sehr durch nachfließendes Wasser weggespült, sondern durch starken Unterdruck „weggesaugt“ – der Vorgang wird auf diese Weise sehr, sehr laut. 


Toilettenpapier


Überall, wo ich bisher war, soll man (benutztes) Toilettenpapier in einen speziell dafür vorgesehenen Behälter werfen. Also nicht wie in Europa (und wahrscheinlich vielen anderen Ecken der Welt) mit dem Toilettenwasser herunterspülen. Ich habe nicht recherchiert, warum das so ist. Ich vermute, dass diese Praxis mit der hier stark beworbenen Ökologie zusammenhängt; vielleicht kann man auf diese Weise die Abwässer einfacher in den Wald (oder sogar ins Meer) abführen? Offiziell meinen viele Hoteliers, dass die Abwasserleitungen so schmal sind, dass sie durch Papier verstopft werden. Auf jeden Fall ist es eine große Umstellung, das Papier nicht in die Schüssel zu werfen und man erinnert sich oft erst zu spät daran, wo das Papier hin soll.


Türklinken


Türen werden oft in die andere Drehrichtung ins Schloss gelegt als bei uns. So passiert es manchmal, dass man den Schlüssel bis zum Anschlag gedreht hat und nicht in sein Zimmer kommt. Man muss zum Öffnen eben andersherum drehen.


Waschmaschinen


Wundert man sich, warum der Waschservice (ein hoteleigener oder auch ein privater, von denen es überall in den Städtchen und Dörfern viele gibt) frisch duftende, aber weiterhin fleckige Wäsche liefert oder warum z.B. Hotelbettwäsche nicht fleckenfrei ist, ist die Erklärung recht einfach: Hier (in der Karibik) wird nur mit kaltem Wasser gewaschen. Angeblich werden Waschmaschinen, die mit warmem Wasser betrieben werden, hier nicht einmal produziert bzw. dürfen nicht benutzt werden. Am Pazifik ist dies nicht so.

Wasser kehren


Viele Häuschen – sowohl die von den Einheimischen als auch die von den Touristen bewohnten – sind aus Holz. Als Schutzmaßnahme gegen hohen Wellengang an der Küste bzw. Überschwemmungen an Flüssen werden sie oft auf circa ein Meter hohen Stelzen gebaut.
Wenn nach einem Platzregen die Terrasse unter Wasser steht, holt die Hausfrau einen Besen mit einer dicken Borstenschicht heraus und fegt das Wasser hinunter in den Garten.


Wellblechdächer 


Übernachtet man in kleinen Bungalows oder halb offenen Hütten, so sind diese mit einem Wellblechdach bedeckt. Wenn es anfängt zu regnen, donnern die Regentropfen wie Waffenfeuer einer angreifenden Artillerie. Steht das Haus unter einem Baum, der leicht Blätter verliert (also keine Palme), ist das Aufprallen der Blätter auf dem Blech genauso laut. Schlittern die Blätter das Dach herab, hat man den Eindruck, in einer Trommel zu sitzen, auf der gerade Schlagzeugunterricht abgehalten wird.



 


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